Anthroposophie        =           Dreigliederung

Impuls - Reaktion - Inkarnation   1919 - 1969 - 2019    Geschichte - Quellen - Material

Erweiterung der Biographiearbeit durch Anthroposophie

Siehe dazu:  Intellektuelle Entwicklung

   Ganzheitlichkeit (Holismus 1.28 Anmerkungen) gibt es als Anschauung schon lange, gemeint ist das vollständige Erfassen eines Sachverhalts im Gegensatz zum üblichen Reduktionismus, der alles in der Welt zu bloß statistischen Quantitäten macht und Qualitatives wie Hobelspäne absplittern bzw. abblitzen lässt. In der Medizin steht schon Hippokrates dafür, heute ist der Begriff "in" - gemeint ist nicht nur das Erfassen von Leib und Seele (Psychosomatik), sondern auch einer geistigen Dimension. Der physische Leib mit seinen Organen und das Seelische in seinem Denken, Empfinden-Fühlen und Wollen/Handeln kann erkranken, besonders wenn es nicht gegliedert gehandhabt werden kann. Das Geistige ist "gekränkt", wenn es nicht intentional in das Leiblich-Seelische eingreifen kann, es selbst kann aber nie krank sein, denn es ist über die leiblich-seelische Ebene hinaus in der Region lebendiger Urbilder angesiedelt (1.29Anmerkungen). Diese Region ist die Geistwelt, in der Kräfte und Wesen walten. Von Krankheit dort zu sprechen, ist verfehlt. Im Streit um die tonangebenden Paradigmen beansprucht jede wissenschaftliche Haltung im Reigen der zwölf Weltanschauungen die Deutungshoheit für sich - vom Materialismus über den Realismus und Idealismus bis zum Spiritualismus.

 Für den unbefangenen Zeitgenossen gibt es eine aufweckende Überraschung: Ganzheitlich leben heißt einmal, alle Seelenkräfte - Denken-Fühlen-Wollen - in einer ausgewogenen Lebendigkeit auszuleben. Ganzheitlich heißt aber auch, nicht nur ein leibliches und seelisches Leben, sondern auch ein geistiges zu führen. Mehr und mehr muß aber die Auflösung und Zersplitterung der Ganzheiten im menschlichen und sozialen Leben erlebt werden: der Mensch tut z.B. nicht mehr, was er denkt; umgekehrt denkt er nicht mehr über sein Handeln nach, erfühlt auch nicht mehr die Tragweite seines Denkens und Handelns. Das ist das Kennzeichen einer Spaltung der Persönlichkeit, die einhergeht mit der Spaltung der Kultur, wo Ideale und Lebenspraxis weit auseinanderklaffen. Die Folge ist die Atomisierung der Verhältnisse. Historisch steht das Jahr 1899 als Markstein, in dem das "Finstere Zeitalter" abgelaufen war und das "Lichte Zeitalter" mit neuen geistigen Möglichkeiten beginnt, das aber auch Forderungen des bewußten und gegliederten Umgehens mit sich selbst und der Welt stellt (1.30 Anm). Wo das unterbleibt, treten mehr und mehr Blackouts an die Stelle, wo das Individuum Regie führen sollte. Individuell-geistiges Dasein ist seit dem frühen Mittelalter (1.31 Anm.) von der Kirche dem Menschen als individuellem Wesen aberkannt. Es wurden ihm praktisch nur einige geistige Eigenschaften, aber nicht ein individuelles geistiges Dasein zugesprochen. Das führte schließlich in der Entwicklung der Neuzeit dazu, daß ein geistig strebender Mensch sich in der Kultur und Zivilisation nicht wiederfinden bzw. gefördert sehen konnte. 

   Im Gegenteil: die Theorie der Affenabstammung läßt ihn einer rein animalischen Existenz unterworfen sein - als ein quasi intelligentes Tier. Den Aufmerksamen unter den 68ern, die nicht nur die Entfremdung der Arbeit, sondern auch eine Entfremdung vom Ich empfanden, wurde eine Altlast deutlich, die es nun zu tilgen gilt. Wer den ganzheitlichen Impuls mitgebracht hat, sucht und braucht das Geistige, ohne das er sich wie eine Krücke fühlen muß. Erich Kästner z.B. hat gegen das darwinistische Lebensgefühl satirisch polemisiert, konstruktiv-philosophische Ansätze waren wie bei vielen seiner Zeitgenossen nicht seine Sache. Er hat aber eine liebevolle Literatur für die Kinderseele geschaffen, man könnte meinen, daß er mit der "Konferenz der Tiere" eine soziale Vision geschaffen hat, die er zwar erhoffte, der Menschenwelt aber nicht zusprechen konnte, denn:

..."Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt, behaart und mit böser Visage, dann hat man sie aus dem Urwald gelockt, die Welt asphaltiert und aufgestockt bis zur 30. Etage. Da saßen sie nun in zentralgeheizten Räumen, doch es herrscht noch derselbe Ton wie seinerzeit auf den Bäumen"...

 

Als das darwinistische Menschen(Tier)bild als zutreffend erachtet wurde, war es nur konsequent, von Rassen zu sprechen, dies war damals in Anthropologie und ist heute in Zoologie noch selbstverständlich. Auch Ernst Haeckel - ein Zeitgenosse von Rudolf Steiner - hat wie alle anderen Wissenschaftler unbefangen diesen Begriff gebraucht. Aber er wäre wohl kaum von Faschisten zu instrumentalisieren gewesen, sowenig wie Rudolf Steiner, der - im Gegenteil - die geistige Entität des Menschen hervorhob, die sich in der Geschichte mehr und mehr herausstellt. Die Abstammungslehre, die das Menschenbild unserer Eltern und Großeltern so folgenreich und furchtbar einengte, ermöglichte erst den Nationalsozialisten, das Menschsein nur in einer Vererbungslinie 'arischer Herkunft' anzuerkennen und anhand von Ahnenbüchern Abstammungsnachweise zu verlangen, wie wenn Menschen Zuchttiere wären. Wissenschaftlich gesehen befanden sich die Faschisten damals aber im mainstream! Und dieser hat sein Menschenbild in der tierischen Verengung bis heute 

beibehalten. Nur die Sprachregelungen wurden nach all den Auswüchsen verändert. Aber wenn dem Menschen die geistige Existenz nicht anerkannt wird, besteht eine Gefangenschaft im Denken und solange sind die Gefahren aus den Konsequenzen dieses Denkens nicht abgewendet und die gesamte geschichtliche und kulturelle Entwicklung kann dann nur als Ergebnis zufälliger Mutationen betrachtet werden. Ein humoriger Kolumnist hat einmal darauf hingewiesen, daß die "schönste Berlinerin" einen Migrationshintergrund hat: Nofretete! Man schaue sie an, nachdem sie sich nun schon seit 100 Jahren in deutschem Besitz befindet - ist sie nicht viel weiter weg vom Affen als wir Heutigen? Eher scheint sich die Menschheit mit dem Darwinismus und seinen sozialen Begleiterscheinungen (Sozialdarwinismus) der Lebensform von Affen anzunähern, als von ihnen weg zu einer rein menschlichen Daseinsweise! Mit dem Auftreten neuer Generationen kann heute aber auch konstatiert werden: Es gibt immer mehr ganze Menschen - zumindest im Streben!

      Rudolf Steiner hat Anthroposophen einmal so charakterisiert: Es sind Menschen, die gewisse Fragen über das Wesen des Menschen und die Welt so als Lebensnotwendigkeiten empfinden, wie man Hunger und Durst empfindet (1.32a Anmerkungen I+II). Das ging vielen 68ern nicht anders, auch wenn sie sich von den realen Anthroposophen nicht gerade angezogen fühlten, wie es ihnen auch mit dem 'realen Sozialismus' ging.

 Es gab in der Geschichte aber auch immer Einzelne, die z.B. aus der Dekadenz der Goldenen Zwanziger ausgebrochen sind, aber auch aus der großen Illusion der 30er und 40er. Die 50er Jahre brachten die große Ernüchterung und die 60er/70er Jahre die Aufbruchbewegungen, die nicht zuletzt aus dem Gefühl der Heimatlosigkeit erwuchsen. Und: wieviele Menschen gibt es heute nicht unter uns, weil unzählige Erbströme in den beiden Weltkriegen ausgelöscht wurden? Wieviel Kulturleben ist damit ausradiert worden? Auch das Vakuum einer als merkwürdig empfundenen Sprachlosigkeit der elterlichen Generation nach den faschistischen Exzessen impulsierte die Suche nach neuen Inhalten, auch wenn amerikanistische Surrogate mit dem Wirtschaftswunder die Seelen volldröhnten  - gleichermaßen flächendeckend und seelenfüllend. Man hörte in den Radios gute Laune verbreiten und der junge Mensch konnte ja nicht wissen, was der "Volksempfänger" 10 Jahre vorher noch so alles verbreitete, sonst wäre man der Beschallung als junger Mensch zurückhaltender begegnet.


   Der ganzheitliche Impuls wurde von den 68ern hauptsächlich auf die Gesellschaft angewendet, bevor seine individuelle Dimension entdeckt und gefühlt wurde. Die Universitäten und Schulen sollten unabhängiger und freier werden. Berufsarbeit sollte nicht mehr entfremdet und der Konsum von Manipulationen befreit sein und nicht zuletzt der Rechtsstaat basisdemokratischer werden - nicht mehr mit Notstands-Gesetzen und Megaprojekten am Bürger vorbeihandelnd. Das alles lief unvermerkt auf eine Dreigliederung des gesellschaftlichen Lebens hinaus, in der die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wiederauferstehen und ihre Verwirklichung in einer ganzheitlichen Gesellschaft anmahnen. Im Wesen dieser so widersprüchlichen Ideale liegt es, daß sie bewußt gegriffen sein wollen, sonst rumoren nur Bäuche und rollen nur Köpfe. (1.32b Anmerkungen )

 

      Der ganzheitliche Impuls hängt nicht vom Geburtsjahr ab! Schon Max Scheler ('Die Stellung des Menschen im Kosmos') postuliert: "...Der Mensch ist seiner Kernsubstanz nach ein nicht bloß seelisches, sondern geistiges Wesen..." D.h. ein Wesen, das über alle physisch und psychisch erfahrbare Welt hinausragt und, nicht nur seinem Sein, sondern auch seinem Bewußtsein nach - denn Geist ist Bewußtsein - teilhat an dem, was der göttliche oder Wesensgrund des Weltganzen genannt werden kann. Hermann Hesse bemerkt in seinem 'Tractat vom Steppenwolf' (1927):"Gott werden bedeutet: seine Seele so erweitert zu haben, daß sie das All wieder zu umfassen vermag". Rudolf Steiner bezeichnet den anthroposophischen Erkenntnisweg etwas bescheidener "als vom Geistigen im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führend, der als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auftritt" (1.32c Anmerkungen). Herr Ratzinger hat im Deutschen Bundestag den Grünen anerkennend den Ruf nach frischer

frischer Luft zugesprochen, aber nicht sie hätten die Fenster geöffnet. Wer das war, blieb dahingestellt. 1899, zwei Generationen vor 1968, da eröffneten sich die neuen Möglichkeiten und man möchte hoffen, daß es sich eher um Türen handelt, durch die der ganze Mensch richtig hindurchgehen kann, wenn man auch dankbar sein sollte für das Licht, das durch Fenster flutend die Räume erhellt. Zwischendrin steht als Markstein das Jahr 1933, das in das Lichte Zeitalter führen konnte, aber furchtbar umgebogen wurde, der Gang über diese Schwelle führte erst einmal in den Abgrund. Der Schwellenübergang soll aber aufwärts führen: zu konstruktiven Entwicklungen. Davon gibt es auch ein Zeugnis in jedem Menschen, das aber unbewußt bleiben muß, solange der materialistische Bannstrahl geistige Impressionen verdunkelt: die vorgeburtlichen Entschlüsse und nächtliche Engelinspirationen, die zu Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit impulsieren.  Wehe, wenn sie umgebogen werden in materialistische Zerrbilder! (1.33 Anmerkungen ).

 

    Soll also das Wesentliche eines Geschehens erfasst werden, darf nicht Halt vor der Aufgabenstellung gemacht werden, Geistiges einzubeziehen. Wer sich nicht als Eingeweihter wiedergeboren sieht, tut gut daran, wenn er sich als Lernender und Studierender versteht: Wie ist Steiner vorgegangen, der das Geheimnis der Schwelle (1.34a Anmerkungen) detailliert beschreibt, was teilt er mit und was sind die Ergebnisse seiner Schüler? Dies schließt auch methodische und philosophische Fragestellungen in sich und die Auseinandersetzung mit Lebenswerken anthroposophischer Pioniere. Wer manche dieser Pioniere kennengelernt hat, darf das als eine Gunst des Schicksals betrachten, denn Persönlichkeit erschließt sich auf dem Papier schriftlicher Werke nur spärlich. Wahrheit als Gesamtansicht von Anschauungen ist aber nicht an die Persönlichkeit gebunden, sie kann aus trockenem Papier sogar ungestörter und freilassender entbunden werden - ungehemmter von der persönlichen Ausstrahlung in mündlichen Ausführungen der Autoritäten. Das konstatiert selbst Rudolf Steiner in seinem Verhältnis gegenüber seinem Lehrmeister Goethe. Es macht den Fortschritt der Kultur durch Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks aus (1.34b Anmerkungen), daß innere Freiheit nicht mehr nur Sache von Klerikalen und Fachgelehrten ist, die durch privilegierte Abstammung den Zugang zum Gelehrtendasein haben.


  Die Frage, warum Freiheit heute meist als Willkür gesehen wird, und Schicksal wiederum, wenn nicht einfach negiert, als unabänderliches Geschehen betrachtet wird, ist zukunftsbestimmend geworden, wenn man sich auch weitgehend über sie hinwegsetzt. Die self-fullfilling-prophecy  besagt (1.35 Anmerkungen) :Was du heute denkst, wirst du morgen tun und sein. Ein größerer Blickwinkel zeigt, daß Freiheit nicht Willkür ist. Ergebenheit schließt eine freie Haltung in sich, in der das menschliche Leben wirklich zur Krone der Schöpfung wird und nicht zu fatalistischem Einknicken. Bei Mineral, Pflanze und Tier sucht man keinen Vorgang aus einem freien Bewußtsein zu erklären.

Warum soll Freiheit unmöglich sein? - objektive und subjektive Zwänge können bewußt werden! Zu innerer Freiheit führt ein Handeln aus moralischer Phantasie, das Steiner in als philosophische Disziplin begründet hat, und die schon Goethe mit seinem Begriff der Antizipation praktizierte. "Phantasie und Imagination an die Macht" war ein zentrales Motto der 68-er. Das Leben will auch von der Zukunft her gestaltet werden, von dem Wünschenswerten und Möglichen, man setzt sich damit in ein gesundes Gleichgewicht gegenüber den Zwängen des Lebens, die von einem puren Erkenntnisbegriff nicht überwunden werden. Heute wird dieser Gedanke auch so formuliert:  

"Das Leben hat nur dann einen Sinn, wenn es die Wege öffnet, die zu diesem Mehr an schöpferischer Freiheit führen, wenn es über das Reale hinaus den Zugang zu dem, was darüber waltet, anstrebt" (1.36 Anmerkungen).


   Die Kenntnis der Sachlage, d.h. der Erkenntnisbegriff, der immer nur von dem schon Gewordenen ausgehen kann und muß, schafft nichts Neues und setzt Mithandelnde nicht in die Freiheit, wenn er nicht geistesgegenwärtig situationsbezogen in den moralischen Begriff aus Liebe zum Menschlichen und zur Sache gewandelt werden kann. Der Pädagoge soll nach Rudolf Steiner seine ganze Vorbereitung vergessen, wenn er die Tür zum Klassenzimmer aufmacht. Dann ist er selber frei und unbefangen für das, was ihm in den jungen Menschen entgegenkommt. Seine vorbereiteten Inhalte werden ihm schon zur

Verfügung stehen. Das Versicherungswesen profitiert davon, daß Menschen ihre Voreingenommenheiten nicht fallenlassen können. Dann braucht man immer eine Versicherung, bevor man handeln kann. Letztlich macht das mangelnde Vertrauen in den Geist bzw. in die Intuitionsfähigkeit des Menschen Rückversicherungen unbezahlbar und bannt den sozialen Prozeß auf den status quo. Werdendes  entzieht sich dem "handling", freie Menschen entziehen sich einem determinierenden Zugriff, der in dieser eingeschränkten Haltung allein möglich scheint (1.37 Anmerkungen ).


   Moralisch wird von Zielen her gedacht bzw. von dem, was Menschen 'zielvoll führen wollen' (1.38 Anmerkungen). Da nehmen sich manche Aktionspläne und Strategien als reine Strangulierungen des sozialen Prozeßes durch eine rein sozial-technische Vorgehensweise aus. Natürlich ist moralische Technik, das Knowhow nicht minder wichtig wie die inhaltliche Zielsetzung. Aber ohne situationsgerechtes Handeln verkommt moralische Technik entweder zur Gschaftlhuberei oder zum herzlosen Machertum. Man schaue sich unter diesem Gesichtspunkt einmal das Agieren der Politiker an, aber auch das mancher selbsternannter anthroposophischen Sozialgestalter! Dazu sei hier eine Passage aus einem Vortrag von Rudolf Steiner eingefügt:


..."Das, was wir Zukunft nennen, muß allerdings wurzeln in der Vergangenheit. Das Wollen der Zukunft muß der Erkenntnis der Vergangenheit entsprechen; aber diese Erkenntnis hat keinen Wert, wenn sie sich nicht umwandelt in Triebkräfte für die Zukunft..." (GA105,S199)


   All diese Fragen stellen sich im Verlauf der Neuzeit, wenn geistige und damit individuell orientierte Aspekte des menschlichen Lebens berücksichtigt werden. Die Achtundsechziger wurden von ihnen umgetrieben und fassten sie mal so, mal so. Soziologisch, philosophisch, philologisch, wie das differenziert wissenschaftlich denkende Marxisten können. Praktisch handelnden die "Institutions-Marschierer" und auch die "grünen" Parteigründer, chaotisch die Anarchisten und Hippies; zerstörerisch und gefühllos die Terroristen. Gemeinsam war ihnen allen die Haltung, mit der ein epochemachender Faust anfing, den Prolog zu übersetzen: "Am Anfang war die Tat!" (1.39 Anmerkungen) Alle waren letztlich in ihrer Weise pragmatisch gesinnt, kaum materialistisch, die Fundis vielleicht idealistisch, phantasielos oft die Realos (1.40 Anmerkungen). Auch die Seelenkräfte der Beteiligten waren unterschiedlich engagiert: die Vorreiter waren meist die Denker, die Gefühlsmenschen waren die Mitmacher, im trägen Fall als Mitläufer, und wem nur der Fakt zählt, wurde willensmäßig aktiv. Daß die Bewegung als Ganze damit auch auseinanderfiel, ist ein Symptom, das mit der postmodernen Gliederung des Seelischen zu tun hat, was im weiteren noch zur Sprache kommen wird.

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Hier sei ein zentrales Zeichen eingefügt, angeregt durch Richard Jaensch (facebook), das sich für die Biographiearbeit als wesentlich erweist:

Pentagramm GA129S68

4-gliedriges Zeichen im Pentagramm, aus GA129S68


Die Zeichen einer geistigen Schrift

  „Man kann etwas angeben, welches ganz genau die Quantitäten und die Stärken unserer inneren Kräfte im physischen Leibe, im Ätherleibe und Astralleibe angibt und ihr entsprechendes Zusammenwirken. Und dieses Verhältnis möchte ich Ihnen zunächst auf die Tafel zeichnen. Denn es lässt sich nur in einer geometrischen Figur und ihren Größenverhältnissen zum Ausdrucke bringen. Was ich hiermit auf die Tafel zeichne, das ist so, dass wir davon sagen müssen: Wenn man sich hineinvertieft in diese Figur, so gibt alles, was in ihr enthalten ist - wie ein Zeichen der okkulten Schrift für die Meditation -, die Größen- und Stärkeverhältnisse der Kräfte unseres physischen Leibes, unseres Ätherleibes und unseres Astralleibes. Und dieses Zeichen der okkulten Schrift ist das Folgende: [es wird gezeichnet]

  Sie sehen, ich zeichne das Pentagramm. Wenn wir dieses Pentagramm zunächst ins Auge fassen, so ist es uns ein Zeichen für den Ätherleib, wenn wir die Sache äußerlich nehmen. Aber ich habe schon gesagt, dass dieser Ätherleib auch die Mittelpunktskräfte für den Astralleib und den physischen Leib enthält, dass von ihm alle die Kräfte, die uns alt und jung werden lassen, ausgehen. Weil nun im Ätherleib die Mitte sozusagen für alle diese Kräfte liegt, so ist es auch möglich, an der Figur des Ätherleibes, an dem Siegel des Ätherleibes zu zeigen, welche Stärkeverhältnisse die physischen Kräfte, die Kräfte des physischen Leibes zu den ätherischen Kräften, den Kräften des Ätherleibes, zu den astralischen, den Kräften des Astralleibes, im Menschen haben. Und man bekommt ganz genau die Größenverhältnisse heraus, wenn man sich zunächst sagt: Hier im Innern des Pentagramms entsteht ein nach unten geneigtes Fünfeck. Dieses Fünfeck fülle ich mit der Kreidesubstanz vollständig aus. Da haben Sie zunächst eine der Teilfiguren des Pentagramms. Ein anderes Stück der Teilfigur des Pentagramms bekommen Sie, wenn Sie ins Auge fassen die Dreiecke, die sich an das Fünfeck ansetzen und die ich mit horizontalen Linien schraffiere. So habe ich Ihnen das Pentagramm hier zerlegt in ein mittleres Fünfeck mit der Spitze nach unten, das ich ausgefüllt habe mit der Kreidesubstanz, und in fünf Dreiecke, welche ich mit horizontalen Strichen schraffiert habe. Wenn Sie die Größe dieses Fünfeckes in Verhältnis bringen zu der Größe der Dreiecke, das heißt zu der Summe aller Flächen, die von den Dreiecken eingenommen werden, wenn Sie sich also sagen, wie die Größe dieses Fünfeckes zur Größe der einzelnen Dreiecke wirkt, wenn Sie die Summe der Flächen der einzelnen Dreiecke nehmen, so wirken die Kräfte des physischen Leibes zu den Kräften des Ätherleibes im Menschen.


  Also wohlgemerkt, wie man sagen kann, wenn Linsen und Bohnen und Erbsen zusammengemischt sind, dass die Menge der Linsen zu der Menge der Bohnen sich verhält wie drei zu fünf, so kann man sagen: Die Stärke der Kräfte im physischen Leibe verhält sich zu den Kräften des Ätherleibes wie im Pentagramm die Fläche des Fünfeckes zu der Summe der Fläche der Dreiecke, die ich horizontal schraffiert habe. - Und jetzt werde ich ein nach oben stehendes Fünfeck zeichnen, welches dadurch entsteht, dass ich es umschreibe dem Pentagramm. Nun müssen Sie nicht die Dreiecke nehmen, die da gleichsam wie Zipfel entstehen, sondern das gesamte Fünfeck, eingeschlossen die Fläche des Pentagramms, also alles, was ich vertikal schraffiere. Also dieses vertikal schraffierte, dem Pentagramm umschriebene Fünfeck bitte ich zu berücksichtigen. So wie sich verhält der Flächeninhalt, die Größe dieses kleinen Fünfeckes hier, das mit der Spitze nach unten gerichtet ist, zu der Fläche dieses vertikal schraffierten Fünfeckes, das mit der Spitze nach oben gerichtet ist, so verhalten sich die Kräfte des physischen Leibes in ihrer Stärke zu den Kräften des Astralleibes im Menschen. Und so wie sich die horizontal schraffierten Dreiecke, wenn ich sie summiere, zu der Größe des Fünfeckes mit der Spitze nach oben verhalten, so verhält sich die Stärke der Kräfte des Ätherleibes zu der Stärke der Kräfte des Astralleibes. Kurzum, Sie haben in dieser Figur alles das angegeben, was man nennen kann: das gegenseitige Verhältnis der Kräfte des physischen Leibes, der Kräfte des Ätherleibes, der Kräfte des Astralleibes. Nur kommt das dem Menschen nicht alles zum Bewusstsein. Das mit der Spitze nach oben stehende Fünfeck umfasst alles Astralische im Menschen, auch das, wovon der Mensch heute noch nichts weiß, was ausgearbeitet wird, indem das Ich den Astralleib immer mehr und mehr zum Geistselbst oder Manas umarbeitet.


  Nun kann in Ihnen die Frage entstehen: Wie verhalten sich diese drei Hüllen zum eigentlichen Ich? Sie sehen, von dem eigentlichen Ich, von dem ich ausgesprochen habe, dass es das Baby ist, das am wenigsten entwickelte unter den menschlichen Wesensgliedern, von diesem Ich weiß der Mensch heute in der normalen Entwickelung noch sehr wenig. Die gesamten Kräfte dieses Ich liegen aber schon in ihm. Wenn Sie die Gesamtkräfte des Ich ins Auge fassen und ihr Verhältnis untersuchen wollen zu den Kräften des physischen Leibes, Ätherleibes, Astralleibes, so brauchen Sie nur um die ganze Figur herum einen Kreis zu beschreiben. Ich will nun die Figur nicht zu sehr verschmieren. Wenn ich diesen Kreis noch schraffieren würde als ganze Fläche, so würde die Größe dieser Fläche im Vergleich zur Größe der Fläche des nach oben gerichteten Fünfeckes, im Vergleich zur Summe der Flächen der Dreieckzipfel, die horizontal schraffiert sind, im Vergleiche zu dem kleinen Fünfeck mit der Spitze nach unten, das ich ausgefüllt habe mit der Kreidesubstanz, das Verhältnis angeben der Kräfte des gesamten Ich - repräsentiert durch die Fläche des Kreises - zu den Kräften des Astralleibes - repräsentiert durch die Fläche des großen Fünfeckes - zu den Kräften des Ätherleibes - repräsentiert durch die horizontal schraffierten Dreiecke, die sich ansetzen an das kleine Fünfeck - zu den Kräften des physischen Leibes - als zu der Fünfeckfläche, die mit der Kreidesubstanz ausgefüllt ist.


  Wenn Sie sich in der Meditation hingeben diesem okkulten Zeichen und sich innerlich ein gewisses Gefühl von dem Verhältnis dieser vier Flächen verschaffen, so bekommen Sie einen Eindruck von dem gegenseitigen Verhältnis von physischem Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich. Sie müssen sich also denken in der gleichen Beleuchtung den großen Kreis und ihn in der Meditation ins Auge fassen. Dann stellen Sie daneben hin das aufwärts-stehende Fünfeck. Weil dieses Fünfeck etwas kleiner ist als der große Kreis, kleiner ist um diese Kreissegmente hier, wird Ihnen dieses aufwärtsstehende Fünfeck einen schwächeren Eindruck machen als der Kreis. Um was dieses schwächer ist als der Eindruck des Kreises, um das sind auch die Kräfte des Astralleibes schwächer als die Kräfte des Ich. Und wenn Sie sich als drittes hinstellen ohne das mittlere Fünfeck diese fünf Dreiecke, die horizontal schraffiert sind, so haben Sie wiederum einen schwächeren Eindruck, wenn Sie sich alles gleich beleuchtet denken. Um wie viel dieser Eindruck schwächer ist als der Eindruck von den beiden vorigen, um so viel schwächer sind die Kräfte des Ätherleibes als die Kräfte des Astralleibes und des Ich. Und wenn Sie sich das kleine Fünfeck hinstellen, so bekommen Sie bei gleicher Beleuchtung davon den schwächsten Eindruck. Wenn Sie nun sich ein Gefühl verschaffen von der gegenseitigen Stärke dieser Eindrücke und zusammenhalten können diese vier Eindrücke, wie Sie die Töne, sagen wir einer Melodie, in eines zusammendenken - wenn Sie diese vier Eindrücke in Bezug auf ihre Größe zusammendenken, so haben Sie jene Stärke-Harmonie, die besteht zwischen den Kräften des Ich, des Astralleibes, des Ätherleibes und des physischen Leibes.

  

  Das ist das, was ich Ihnen als ein okkultes Zeichen, gleichsam als ein Zeichen der okkulten Schrift hinstelle. Über solche Zeichen kann man meditieren. Ich habe Ihnen ungefähr die Methode beschrieben, wie man das macht. Man verschafft sich den Eindruck der unter-schiedlichen Stärken, die diese Flächen durch ihre Größenverhältnisse machen als gleichmäßig beleuchtete Flächen. Dann bekommt man eben einen Verhältniseindruck, der einem wiedergibt die gegenseitigen Maßverhältnisse der Kräfte der vier Glieder der menschlichen Wesenheit. Diese Dinge sind da als Zeichen der wirklichen, aus der Wesenheit der Dinge hervorgehenden okkulten Schrift. Meditieren diese Schrift heißt: lesen die großen Wunderzeichen der Welt, die uns hineinführen in die großen Geheimnisse der Welt. Dadurch verschaffen wir uns allmählich ein Gesamtverständnis von dem, was da draußen wirkt als Weltenwunder, die darin bestehen, dass der Geist in die Materie sich hineinergießt nach bestimmten Verhältnissen. Ich habe zugleich dadurch hervorgerufen in Ihnen etwas, was wirklich wie das Elementarste geübt wurde in der alten pythagoräischen Schule. Denn dadurch fängt der Mensch an, durch sein Geistgehör die Harmonien und Melodien der Kräfte in der Welt zu vernehmen, dass er von den Zeichen der okkulten Schrift ausgeht, sie realisiert und dann schon merkt, dass er die Welt mit ihren Wundern in ihrer Wahrheit geschaut hat.“


Rudolf Steiner in der GA 129, S. 68 f. Bildquelle: dito. Siehe auch die PDF: „Mathematische Meditationen“ von Dr. Louis Locher-Ernst, Seite 13

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